Wittgensteins „Ungewisse Gewissheiten“ – erklärt | Gert Scobel

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Wir leben in unsicheren Zeiten. Gestern noch geltende Gewissheiten scheinen in dem Maße zu schwinden, wie sich Viren vermehren oder Katastrophen zunehmen. Die komplexen Verschränkungen unterschiedlicher Krisen – Klimakatastrophe, Ressourcenprobleme, Finanzkrise und Krieg in der Ukraine – erschweren das Leben auf eine Weise und in einer Geschwindigkeit, die es in der bisherigen Menschheitsgeschichte nie zuvor gab. Gleichzeitig wächst der Zeitdruck, all diese Probleme gut und schnell zu lösen – obwohl traditionelle Gewissheiten immer löchriger werden. Die Skepsis wächst. Wo sind die Grenzen des Skeptizismus und was kann überhaupt gewiss sein? Gibt es so etwas wie ein sicheres Fundament der Erkenntnis, dass durch keine Krise – und davon haben wir ja derzeit reichlich - erschüttert werden kann? Gert Scobel spannt einen Bogen von Descartes über Hume und Wittgenstein bis in die Gegenwart.

Links und Quellen:

Fynn Ole Engler: Unsichere Gewissheiten, 2022

Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus, 1918
Ludwig Wittgenstein: Über Gewissheit, 1951

René Descartes: Von der Methode, 1637 (Dtsch. Ausgabe 1960)
René Descartes: Die Leidenschaften der Seele, 1649 (Dtsch. Ausgabe 1984)

Sabrina Ebbersmeyer: Der Briefwechsel zwischen Elisabeth von der Pfalz und René Descartes, 2015

William James: Die Vielfalt religiöser Erfahrung: Eine Studie über die menschliche Natur, 1902 (Dtsch. Ausgabe 1997)

Wittgenstein einfach erklärt (in zwei Videos):
Denken im Fliegenglas?

Magie der Sprache

Was „Ich denke, also bin ich” heute heißt – Descartes

David Hume erklärt (in zwei Videos):
Naturalistischer Fehlschluss

Das Rätsel der Kausalität

Zum 3sat-Themenabend „Zeitenwende“:
Der Krieg und die Pandemie

Der 3satThema Talk (Gert Scobel im Gespräch mit Karl-Rudolf Korte, Stefan Brunnhuber und Katja Gentinetta)

Kapitel:
00:00 - Die Skepsis wächst
01:49 - Ludwig Wittgenstein erklärt
03:34 - René Descartes erklärt
06:33 - David Hume erklärt
08:28 - William James erklärt
08:54 - Zurück zu Wittgenstein
12:42 - Antwort auf den Skeptizismus
16:55 - Wittgenstein und William James
18:25 - Die Begründungslosigkeit
20:53 - Wie man Unsicherheiten begegnen sollte

Eine Produktion von objektiv media GmbH im Auftrag von ZDF/3sat
Autor & Host: Gert Scobel
Kamera: Marcus Becker
Ton: Dirk Hans
Illustrationen: Claus Ast
Schnitt: Marvin Neumann
Thumbnaildesign: Jan Schattka
Producer objektiv media: Marvin Neumann
CvD objektiv media: Inga Haupt
Redaktion ZDF: Stephanie Keppler, Christine Bauermann, Birgit Rethy, Darinka Trbic
Produktion ZDF: Christoph Beau

Рекомендации по теме
Комментарии
Автор

Manchmal hab ich fast ein schlechtes Gewissen, dass ich nur 'zur Entspannung' Scobel schaue und nie dazu komme, die super interessante Originalliteratur, auf die hingewiesen wird, tatsächlich zu lesen. Danke dafür anyway.

ankeb
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...mittlerweile bin ich schon derart konditioniert dass mir das simple entdecken eines neuen Beitrages von Dir innere Ruhe und ein erwartungsfrohes Lächeln beschert... :-D
thx again

michaelneo
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Glückwunsch zum Grimme-Publikumspreis! Total berechtigt, meine ich!

thomasw
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Immer wieder ein Genuß Herrn Scobel zuzuhören, danke.🤗

phifinity
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Danke, Herr Scobel. Einfach DANKE für Ihre Videos!

felixthiemann
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Danke Gerd, es ist immer schön, wenn ich mich nach Stunden des Kopfzerbrechens über komplexe soziale Systeme und der Zivilisationsanalyse auf YouTube zerstreuen möchte und du mich in meinen Gedanken abholst <3

naas_the_serpent
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Das Thumbnail is wirklich gelungen! Sowie die thematische Auseinandersetzung mit so schweren Themen!

geiger
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Ich hatte Philosophie in der Oberstufe bei einer fantastischen Lehrerin, und wir haben sowohl Descartes, Hume als auch Wittgenstein durchgenommen. Letzterer ist fast zum Maskottchen unseres Kurses geworden: Keine Frage konnte mehr gestellt werden, ohne dass einer auf Sprachspiele etc. hinwies 😄 Das mag jetzt etwas flapsig formuliert sein, und ich möchte von mir auf keinen Fall behaupten, dass ich seine Philosophie vollkommen verstanden hätte, aber mir kommt es so vor, als würde er im Grunde mit seinen Beobachtungen zur Sprache und Erkenntnis die meisten philosophischen Fragen untauglich machen. Er gibt keine Antworten auf Fragen wie: "Was ist das Ich? Was ist Wissen?", sondern erklärt sie in einem "philosophischen Kontext", wo sie nicht in einer gemeinsamen Praxis eingebettet sind, für sinnlos (zumindest habe ich ihn so verstanden). Wenn Descartes und Moore sich darüber streiten, ob ihre Hände nun mit Sicherheit existieren, steht Wittgenstein kopfschüttelnd über diesem Streit zweier Männer, die völlig aneinander vorbeireden, da sie nicht dasselbe "Wissen" meinen. Das ist genial, aber doch ziemlich unbefriedigend, denn die Frage löst sich trotzdem nicht in Luft auf... Wir werden von den Worten behext, tauschen leere Käfer-Schachteln, stoßen gegen Glaswände, hach, herrliche Metaphern hat sich der Ludwig ausgedacht!

novembergold
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Wie immer exzellent. "Meine" Narrative, mein Vertrauen beziehe ich bis heute aus dem Werk Gebser´s: "Ursprung und Gegenwart". Dieser immer noch so unbekannte und unbeachtete deutsche Philosoph, auf den sich aber nahezu klandestin m.E. bedeutende andere beziehen, z.B. Sloterdijk, wäre auch mal eine tiefere Betrachtung und Würdigung hier wert. Nebst den Nachfolgern, wie z.B. Ken Wilber, oder Ranke-Graves.

wabizumai
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Danke und auch aus Bielefeld
Glückwunsch zum Grimme Online Award!!

FarajRemmo
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Eine sehr spannende, übersichtliche Ausführung!
Sich mehr in Praxis verankern und mehr Vertrauen haben.

chen-zhuqi
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Und wieder vielen Dank für einen sehr coolen Beitrag und Glückwunsch für den Grimme Award! 🥳

Kann dieser geteilte Grund nicht auch allgemein als die Vergangenheit gesehen werden? Zum einen natürlich im Sinn des genetischen Erbes unserer aber auch aller anderen Spezies, allgemein der biologischen, chemischen, physikalischen Gegebenheiten, die wir zwar nicht vollständig erkennen können aber die ja trotzdem da sind und uns ständig beeinflussen. Aber dann auch im überlieferten Wissen, Nichtwissen, Erzählungen, Bildern, usw. Und hier ist es dann ja so, dass nicht nur der Fluss vergangener geistiger, kultureller Leistungen oder geschichtlicher Ereignisse uns an einen bestimmten jeweiligen neuen Ausgangspunkt spülen, sondern wir durch unsere Beschäftigung mit der Vergangenheit diese auch ständig mehr oder weniger verändern wodurch wir nicht nur im Fluss schwimmen sondern sogar dessen Flussbett tlw. bis zur Quelle hin im Nachhinein verändern.

Um in diesem Bild zu bleiben würden dann vielleicht radikale Dekonstruktionsversuche in Abwesenheit konstruktiver Alternativangebote dem Zuschütten des Flussbettes bzw. in der auch oft praktizierten Variante des Kollapses auf eindimensionale Interpretationen einem konsequenten Begradigen nahekommen und so wirklich smart scheint mir keine dieser Varianten zu sein. Immerhin die Rückbesinnung darauf, dass sich der Fluss nun bereits seit so langer Zeit wie auch immer bis zu unserem Punkt geschlängelt hat, trotz oder gerade wegen vergangener auch teils schwieriger und hochkomplexer Herausforderungen sollte doch schonmal ein wenig Hoffnung geben.

jmk.
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Wenn ich Scobel zuhöre wie er sich für einen Wittgensteinschen Sprachspielrelativismus begeistert, bekomme ich immer das ungute Gefühl, dass seine Begeisterung allein daher kommt, weil das alles so schön tolerant und versöhnlich daherkommt. Es scheint ihn nicht zu stören, dass es auch innerhalb von Sprachspielen immer Widersprüche gibt und daß es bei unseren Handlungsentscheidungen, vor denen wir ja immer stehen, nicht möglich ist, widersprüchlichen Handlungsmöglichkeiten GLEICHZEITIG zu folgen. Wenn ich von einem Arzt am Blinddarm operiert werden muss, werde ich mich nicht von dem Gedanken beunruhigen lassen, dass es keine letzten Gewissheiten darüber gibt, ob ich überhaupt einen Blinddarm habe.

Also brauchen wir gute Gründe und Kriterien, auf die wir uns verlassen können müssen.

Eine andere Frage ist, ob es absolut zweifelsfreie Wahrheiten gibt, die wir in Propositionen ausdrücken können. Das ist die Frage, die sich Descartes gestellt hat. Die Wahrheit, die er für unbezeifelbar hielt, war dann eben dass das Zweifeln selbst nicht seinerseits wieder sinnvoll bezweifelt werden kann. Und damit hatte er völlig recht.

Vorstellbar wäre zwar selbst dann noch ein allmächtiger böser Geist, der uns bei allem Denken immer täuscht. Und da musste er auf den christlichen Gott verweisen, der dies nicht wollen kann. Aber ein strikter Relativismus von Sprachspielen müßte einen Antirealismus vertreten, gemäß dem es außerhalb unseres Denkens nichts gibt, das so ist wie es ist, ganz geich, was wir über die Welt denken. Und das läuft keineswegs, wie Scobel zu glauben meint, auf ein harmonisches Zusammenleben hinaus, sondern darauf, dass diejenigen, die die Macht dazu haben, bestimmen, was in einem jeweiligen Sprachspiel als wahr angenomen werden muss.

Der von vielen heute zurecht so beklagte Niedergang der Bildung im von W. v. Humboldt ursprünglichen gedachten Sinn ist meiner Ansicht nach auf den Wittgensteinschen und dem von Rorty und von einer 'Reihe von französischen Postmodernisten propagierten Relativismus zurückzuführen.

dieterfreundlieb
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Hey kurze Frage, könntet ihr vielleicht etwas zu Betrand Russell erzählen. Ich finde diese Persönlichkeit außerordentlich interessant vor allem wenn man bedenkt wie viel er geleistet hat. Ein kleiner Einblick in seine Gedanken und Themen wäre wirklich schön. Ansonsten super Video über Wittgenstein :)

percivalgraves
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Liebe Grüße aus L'Isle-sur-la-Sorgue, lieber Gerd!

diewolffin
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Ich wünsche mir ein Dialog mit Herr Lesch auf diesem Kanal 🤗

Bombus_
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Unsicherheiten soll durch Kontakt und Förderung anderer Menschen zu begegnen sein?

Es waere schön, wenn solches zu erleben wäre. 🤗

Menschen mögen noch so sehr um Hoeflichkeit und offene Kommunikation bemüht sein, wenn die Sprache eine andere ist, als Resultat der Prägung durch eine Erfahrung erodierter Gewissheiten und Perspektiven, bedeutet es sehr viel totz dieser Unterschiede mit Menschen von wiederum divergierender Erfahrung und Prägung in einen freundlichen Diskurs treten zu können.

Leider ist dies ein seltenes Erleben.

Wie sollen Krisen ueberwunden werden, wenn bereits das bedrängende im Erleben einzelner Individuen nicht in Worte und Zusammenhang gefasst werden soll, da irgendwie unbequem für Nicht - Involvierte?

Es ist dies keine rhetorische Frage.

Danke für Eure Sendungen und vielfältigen Fragestellungen!

TwinCake
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Klasse Erläuterungen. Vielen Dank. (Ich war vor längerer Zeit auch vom Traktatus gebannt, dann aber nach einigem Stolpern bei den "Sprachspielen und Lebensformen" gelandet... ;-)

thomastepfer
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Moin Scobel-Team,
ich würde mich über einen Beitrag zu Nagarjuna (PratitjaSamudPada) von euch freuen.

thomastepfer
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Könnten Sie vielleicht einen Beitrag über Noam Chomsky und seine Arbeiten zur Linguistik und Kognitionswissenschaft bringen?

d.b.