Karl Marx „Das Kapital“ – Einführung von Peter Decker (GegenStandpunkt)

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Linke Parteien zählen den Theoretiker des 19. Jahrhunderts, dessen Gedanken einmal die Welt bewegt haben, zu ihrem Traditionsbestand, seine Schriften aber kennen sie nicht mehr. Marx ist heute ein toter Hund. Umso mehr als man ihn an Universitäten, sofern man sich seiner erinnert, höflich ins geistesgeschichtliche deutsche Erbe eingemeindet – und zwar als einen Großen:

— Ein großer Philosoph soll er gewesen sein, dem es nach Hegel noch einmal gelungen sei, dialektisch zu denken;

— ein großer Soziologe, der ein System gebastelt habe, in dem die Gesellschaft von der materiellen Basis bis zum Überbau der Ideen auf ein einziges Prinzip gebracht ist;

— ein großer Prophet, der die Globalisierung, aber auch die fatalen Krisen unserer Wirtschaftsordnung schon früh vorhergesehen habe;

— ein großer Utopist schließlich, der sich eine schöne gerechtere Welt ausgedacht haben soll.

Dass der Alte selbst, wenn er gefragt würde, nichts von dem genannten Großen vollbracht haben wollte, ja sich dieses Lob verbitten würde, kann seine geistesgeschichtlichen Freunde nicht bremsen. Sie verzeihen ihm ja sogar, dass er Kommunist gewesen ist. Er selbst sah seine Leistung einzig und allein in dem, was der Untertitel seines theoretischen Hauptwerkes ankündigt: in der „Kritik der politischen Ökonomie“ des Kapitalismus. Marx war, wenn irgendetwas, Ökonom. Die Wirtschaftswissenschaften allerdings haben keine gute Erinnerung an diesen Klassiker, ja eigentlich überhaupt keine. Kein Wunder. Schließlich hat er nicht nur die menschenfeindliche und absurde Rationalität des Wirtschaftssystems aufs Korn genommen, das sie so vernünftig finden; er hat auch ihre verständnisvollen Theorien darüber zerlegt.

An dem Kapitalismus, den Marx in der Phase seines Entstehens analysierte und kritisierte, hat sich seit seinen Tagen dies und das, aber nichts Wesentliches geändert: Immer noch ist die Vermehrung des Geldes der beherrschende Zweck, für den gearbeitet wird – und das ist keineswegs ein geschickter Umweg zur besseren Befriedigung der Bedürfnisse; noch immer sind die arbeitenden Menschen Kostenfaktor, also die negative Größe des Betriebszwecks; noch immer findet die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, der größten Quelle des materiellen Reichtums, ausschließlich statt, um Löhne zu sparen und Arbeitskräfte zu entlassen – also um den Arbeiter ärmer zu machen.

Wegen dieser Aktualität, und nur wegen ihr, verdient es der längst verblichene Denker, dass man sich seiner erinnert. Seine Bücher helfen, die ökonomische Wirklichkeit heute zu erklären. Das will der Vortrag anhand von Zitaten aus dem ersten Kapitel von „Das Kapital“ Band 1, „Die Ware“ demonstrieren. Angeboten werden ungewohnte Gedanken über Gebrauchswert und Tauschwert, konkrete und abstrakte Arbeit, Geld und Nutzen, Arbeit und Reichtum – paarweise Bestimmungen, die unsere moderne Welt nicht mehr auseinanderhalten kann, während sie tatsächlich die härtesten Gegensätze enthalten.

Ein Vortrag mit Redakteuren der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt.

(Der Zitatezettel ist nicht mehr verfügbar.)

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Комментарии
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Das ist sicher eine der besten Kapitaleinführungen überhaupt... vor allem, weil der Bezug zu unserer jetzigen Geselllschaft auch schon von den ersten Seiten her ganz klar und transparent wird...wow! Unbefriedigend ist nur, wie in vielen kurzen Bemerkungen nebenher die VWl abgetan wird... ist ja eher unwahrscheinlich, dass die es sich mit Marx so leichtgemacht haben sollen. Also für die am "Kapital" interessierten sehr empfehlenswert!!! Anschauen!

kevinmeier
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Okay muss mir da wohl noch etwas Lektüre beschaffen :-)

Jan-eqei