„Wissenschaft denkt nicht!“ – Martin Heidegger erklärt | Gert Scobel

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„Wissenschaft denkt nicht“ postulierte 1951 der umstrittene Philosoph Martin Heidegger. Über diesen Satz sowie den Unterschied zwischen Philosophie und Wissenschaften denkt Gert Scobel im Video nach.
Philosophie denkt, Wissenschaft rechnet. Heidegger bringt das Verhältnis von Wissenschaft und Philosophie mit dem Satz «Die Wissenschaft denkt nicht.» sehr polemisch auf den Punkt. Das klingt zunächst extrem überheblich. Und tatsächlich: als Martin Heidegger diesen Satz in seiner Vorlesung „Was heißt Denken?“ an der Universität Freiburg im Wintersemester 1951 äußert, spricht er sich schnell rum und wird bis heute diskutiert. Natürlich denken Wissenschaftler*innen im Sinne der Alltags-Verwendung des Wortes.
Wissenschaft fragt indes nicht nach dem Ganzen. Die Philosophie hingegen betrachtet die ontologische Differenz als solche, den Unterschied zwischen Sein und Seienden: einen Unterschied, den die Wissenschaften überhaupt nicht thematisieren.

Die scheinbar harmlose, einfache Frage nach der Unterscheidung von Wissenschaft und Philosophie führt tief in das hinein, was Philosophie ausmacht. Und genau das hat Martin Heidegger als Denken bezeichnet. Warum aber behauptet Heidegger, was nun wirklich auf den ersten Blick absurd klingt, dass die Wissenschaften nicht denken?

Gert Scobel klammert im Video die Debatte um Heideggers Verhalten im Nationalsozialismus und sein Verhältnis zum Antisemitismus, die 2014 nach der Veröffentlichung der „Schwarzen Hefte“ aufkam, aus. Das wäre ein eigenes Video wert.

Dazu:
Peter Trawny: „Heidegger Fragmente. Eine philosophische Biographie“, 2018


Quellen:
Martin Heidegger, Ergänzungen und Denksplitter, Gesamtausgabe, Band 91 (VI. Abteilung: Hinweise und Aufzeichnungen), Frankfurt am Main 2022, (S. 547; 551; 575 f.)

Martin Heidegger, Vorträge und Aufsätze. Bauen. Wohnen. Denken., Stuttgart 2022, (51-83)


Heidegger: "Sein und Zeit" (1927)


Kapitel:
00:00 - Wissenschaft vs. Wissenschaft?
00:59 - Was sind philosophische Fragen?
02:23 - Ist Philosophie eine Wissenschaft?
03:36 - Was ist Wirklichkeit?
05:33 - Die Unterschiede
09:19 - Das Seinsvergessen der Wissenschaften
12:23 - „Die Wissenschaft denkt nicht!“ (M. Heidegger)
15:37 - Die Objektivierung
16:48 - Was die Wissenschaft vernachlässigt
18:52 - Das Sein wird oft vergessen
20:30 - „Was heißt denken?“

Eine Produktion von objektiv media GmbH im Auftrag von ZDF/3sat
Autor & Host: Gert Scobel
Kamera: Michael Habermehl
Ton: Philip Podlich
Illustrationen: Claus Ast
Schnitt: Marvin Neumann
Thumbnaildesign: Jan Schattka
Producer objektiv media: Marvin Neumann
CvD objektiv media: Inga Haupt
Redaktion ZDF: Stephanie Keppler, Christine Bauermann, Birgit Rethy, Darinka Trbic
Produktion ZDF: Christoph Beau

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Комментарии
Автор

Eine sehr treffende und nachvollziehbare Darstellung der Beziehung zwischen Philosophie und den anderen wissenschaftlichen Disziplinen! Vielen Dank, Herr Scobel, generell auch für Ihre vielfältigen, wertvollen Beiträge zu unserer überwiegend kargen Bildungslandschaft.

Major_Tom_
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Ich habe noch nie eine so dermaßen gute Erklärung dafür gehört, warum ich immer ein diffuses Gefühl der Abneigung gegenüber den Wissenschaften habe, obwohl ich sie zweifellos für sehr wichtig halte! My mind is blown!!! Danke für diese wunderbare Erklärung!

kafrko
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Ich bin so froh diesen Kanal gefunden zu haben.
Obwohl ich vorher kein großer Philosoph war, so bin ich doch immer wieder aufs Neue durch Euch zum denken angeregt.
Danke.

p-reitz
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Mal wieder ein tolles Video, das mich jetzt dazu verleitet hat, endlich mal etwas von Heidegger zu lesen, und zwar die besagte Vorlesung "Was heißt Denken?". Als philosophischer Laie kann man sich sehr glücklich schätzen, dass solche Formate beim Umgang mit diesen Texten einen Einstieg und eine Stütze bieten.

magnus
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Also, ich würde auch nebenbei eine meiner Meinung nach für Heidegger sehr wichtige Antinomie erwähnen, nämlich der Unterschied zwischen Vorhandenem (was Wissenschaft begreift) und Zuhandenem, womit sich die Ontologie eigentlich beschäftigen soll. Das Vorhandene bleibt immer von der Welt getrennt, um der Untersuchung besser vorzulegen, während das Zuhandene immer aus einer der Umwelt konstituierenden Ganzheit begriffen wird.
Dazu gehören auch zwei andere Wörter, die den Unterschied zwischen den beiden Methoden (Positiv-wissenschaftlicher und philosophischer) klar machen: Hinsehen der Wissenschaft und Umsehen der Ontologie.

Das Video ist trotzdem super, ich habe einfach gedacht, dass diese schönen Antinomien vielleicht ein bisschen fehlen)

ogmivbe
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Sehr anregende Sendung, danke Gert! Leben (Philosophie) und leben lassen (Wissenschaften) - für potententiell erweiterte Wirklichkeiten (Raum und Zeit)

hansgeorg
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So wichtig zurzeit wie nie ! Sehr guter Beitrag !

sahrawolff
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Besonders die letzten Minuten
waren sehr erhellend.
Vielen Dank !!👍

BiesenbachKlein
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Herr Scobel, Sie gewinnen sehr mit Ihren Ausführungen und Einsichten zu Heidegger !

sahrawolff
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Vielen Dank für dieses Video! Man spricht nicht so oft über Heidegger.

marcelseverin
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"Ist Theologie eigentlich eine Wissenschaft? Und falls nein - was hat sie dann an Hochschulen zu suchen?" ..spukte direkt beim Einstige in meinem Kopf herum
Eine fundierte Befassung mit dieser Frage interessiert mich schon länger und würde mich sehr über ein Video freuen, das in diese Richtung geht :) Und ganz allgemein einmal Danke für die immer wieder interessanten Videos!

johannesl.engelmann
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Detailverliebtheit der Wissenschaften sehr schön beschrieben, nur den Überblick des Ganzen nicht verlieren. Ein sehr gutes Video. Danke dafür :)

silviajacobi
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Wiedermal ein großartiges Video. Weiter so!

michaelpandey
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Mit einem Jahr Verspätung, ein großes Lob für diesen Beitrag, der letztendlich den Unterschied zwischen dem materialistischen und dem ganzheitlichen Denken klarmacht. Allerdings bringt uns das Holistische in den Grenzbereich des Transzendentalen.

robertalenrichter
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Ein angenehm provozierender Beitrag für einen Menschen, der eher empirisch veranlagt ist und sich nun fast kleinkariert vorkommt. Ein Themenvorschlag für ihre Sendung wäre ein Beitrag über Rabindranath Tagore, ein humanistisches Universalgenie aus Indien, mit einem etwas in Vergessenheit geratenen pädagogischen Ansatz und eigener Universität. Die Kategorien nicht-westlicher Denker und Kritik an derzeitigen Bildungssystemen deckt er, zumindest meiner Meinung nach, hervorragend ab.

DrKippe
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Das wissenschaftliche "Stellen" ist vorstellen, das gerne mit Denken verwechselt wird. Denkprozesse sind immer ergebnisoffen, Vorstellungen benötigen Vorwegnahmen z. B. im Sinne von "Werten" die das Betrachten dem "Trachten" und damit dem Nachstellen zustellen.

thomaschristianwilfert
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Da die Philosophie sich von den einzelnen Wissenschaften bedient, um das komplexe Ganze (Sein) daraus zu formulieren, im Geiste wie in der Sprache, ist der Philosoph darauf angewiesen, sein Gehirn, sein Denken einzusetzen, um Zusammenhänge zu erfassen und dann nach außen hin
zu transportieren/ zu formulieren.

olgak.
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Ich liebe das fokussieren aufs Wesentliche und Wertvolle. Kein Schickschnack wie Langes Intro und ein "Und Tschüss" und Cut am Ende reicht vollkommen 😂

marcux
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Ich bin vor Jahren über Heidegger, abgestorben. Und auch heute verliert er mich bei den Zitate.
Aber Scobel versucht wahrhaftig, es in verständliche Formulierung zu gießen. Danke dafür, auch wenn es immer noch arg abstrakt ist.
Das Bild von Form und Inhalt ist für mich viel griffiger.

ChristophDressler
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Gute und lehrreiche Folge für mich persönlich. Aber ich muss gestehen, dass ich bei den Originalzitaten die Ohren anlege, also das Interesse verliere. Aber die allgemein verständlichen Gedankengänge und die grafische Aufbereitung dazu sind wieder einmal sehr, sehr gut gelungen.

ernstmal