Rundgang KZ-Gedenkstätte Melk - Station 10: Die Entstehung der Gedenkstätte Melk

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Anfang Mai 1945 marschierten sowjetische Truppen in Melk ein und nahmen das ehemalige KZ-Areal in Besitz und richteten für einige Zeit eine Garnison dort ein. Zwischen 1946 und 1948 diente das ehemalige KZ-Gelände als Durchgangslager für Sudenten- und Volksdeutsche, die kurzzeitig dort einquartiert und meist nach wenigen Wochen mit Zügen nach Westdeutschland gebracht wurden. Das Krematoriumsgebäude stand ab April 1945 leer und drohte zu verfallen.
Doch bereits ab dem Jahr 1946 besuchten ehemalige Häftlinge bzw. die Nachkommen von in Melk ermordeten Häftlingen die Kaserne und auch das Krematoriumsgebäude. Schon zu dieser Zeit zeigte sich, dass das ehemalige Krematorium den Charakter einer Gedenkstätte bzw. auch eines Friedhofs hatte. Immer wieder hinterließen die trauernden Nachkommen kleine Bildchen ihrer Lieben, die sie in Melk verloren haben, im Krematorium, wie hier auf den Bildern zu sehen ist. Besonders regelmäßig kamen die Mitglieder der Amicale de Mauthausen nach Melk, um ihrer Lieben im Rahmen sogenannter Pilgerfahrten zu gedenken. Bereits im Jahr 1949 ließen sie am Krematoriums-Schornstein ein Denkmal anbringen – ebenfalls im Bild.
In dieser Phase war auch das KZ-Areal noch zugänglich, wie dieses Foto einer französischen Besuchergruppe vor dem Objekt 10 zeigt. Doch im Jahr 1956 übernahm das österreichische Bundesheer wieder das Gelände und es war rund 50 Jahre lang nicht mehr für Zivilisten zugänglich. Heute ist es uns Dank einer engen Kooperation mit der Kasernenleitung möglich, in unsere Rundgänge auch das Kasernengelände miteinzubeziehen und beispielsweise die Deckenbalken im Objekt 10 oder den ehemaligen Appellplatz zu besichtigen.
Die Stadt Melk forderte zunächst, das Krematoriumsgebäude schleifen zu lassen und stattdessen ein Denkmal zu errichten. Das wurde aber von der französischen Amicale und dem niederösterreichischen KZ-Verband verhindert. Und so wurde das Gebäude im Jahr 1962 zum öffentlichen Denkmal erklärt und im Frühjahr 1963 vom damaligen niederösterreichischen Landeshauptmann und früheren österreichischen Bundeskanzler Leopold Figl feierlich eingeweiht. Auf der Gedenkstätte ist heute ein Foto von Figl zu finden, er selbst war jedoch nie KZ-Häftling in Melk, sehr wohl aber in Mauthausen.
Nach der offiziellen Widmung des ehemaligen Krematoriumsgebäudes als öffentliches Denkmal im Jahr 1962 entstanden im Garten mehrere nationale Denkmäler. Aber auch der große Raum, in dem sich der Verbrennungsofen befindet, und der hier im Video zu sehen ist, füllte sich immer mehr mit verschiedenen Gedenksteinen, Fotos und Gedenktafeln. Der Schwenk durch den Raum zeigt die große Vielfalt unterschiedlicher Erinnerungszeichen, die sich meist auf einzelne Melker Todesopfer beziehen, teilweise aber auf Opfergruppen bestimmter Nationalität. Im Mai 2018 wurde in Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte Mauthausen die Wand der Namen verwirklicht. Sie zeigt die Namen der 4.884 Melker KZ-Todesopfer. Wichtig ist, zu erwähnen, dass die Namen der Melker Opfer hier allesamt in ihrer korrekten landestypischen Schreibweise verewigt sind.
Die Stollenanlage ist heute aus Sicherheitsgründen gesperrt. Doch ganz in der Nähe des früheren Eingangs ist heute ein großes Denkmal zu finden. Es erinnert auf einer Länge von 230 Metern an den ehemaligen „KZ-Haltepunkt“, also jenen hölzernen von Häftlingen errichteten Verladebahnhof an dem die KZ-Zwangsarbeiter Tag für Tag vor und nach der Zwangsarbeit aus den Güterzügen aus und wieder einsteigen mussten. Das Mahnmal besteht aus Wachholderbüschen und Holzstelen. In der Mythologie hat der Wachholder die Bedeutung des Lebens-/Todesbaums, in dem sich die Seelen der Verstorbenen verstecken können. Auf den Holzstelen sind die 37 unterschiedlichen Muttersprachen zu lesen, welche die Melker Häftlinge gesprochen haben.
Heute erfüllt die KZ-Gedenkstätte Melk mehrere Funktionen. Sie ist weiterhin ein wichtiger Gedenk- und Erinnerungsort, an dem jedes Jahr tausende Menschen der Verstorbenen Häftlinge gedenken. Jedes Jahr im Mai findet außerdem eine große internationale Gedenkfeier statt, zu der wir jedes Jahr auch Melker KZ-Überlebenden begrüßen dürfen. Die Gedenkstätte ist aber auch ein wichtiger Ort der Vermittlung. Schüler, Jugendliche und Erwachsene können sich in einer Dauerausstellung über die KZ-Geschichte informieren und unsere ausgebildeten Guides führen regelmäßig Vermittlungsrundgänge durch.

Quellen:
Bild 1: Gedenkstätte Melk, Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl / Bild 2 – Montage: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl / Bild 3: Objekt 10, Robert Pachon, 1948 / Bild 4: Feier zur Einweihung als öffentliches Denkmal, NÖLA, Pressestelle, NLK Filzwieser, 1963 / Video: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl / Bild 6 – Montage: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl / Bild 7: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl.

Text: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl
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