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Rundgang KZ-Gedenksätte Melk - Station 6: Sterben im Lager
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Innerhalb eines Jahres wurden in Melk fast 5.000 Häftlinge ermordet. Sie starben durch direkte Gewalt durch Männer der Lager-SS oder durch Luftwaffensoldaten, aber auch durch Misshandlungen von Häftlingsfunktionären. Kranke und verletzte Häftlinge wurden in die beiden Reviergebäude gebracht, die hier im Luftbild markiert sind. Dort versuchten Häftlingsärzte, im Rahmen ihrer sehr begrenzten Möglichkeiten, den Häftlingen zu helfen. Doch es fehlte an Medizin und Verbandsmaterial. Noch dazu mussten sie sich gegen die SS-Sanitäter behaupten, die sich nicht um die Häftlinge kümmerten oder sogar gezielt Häftlinge ermordeten, wie der schon erwähnte Gottlieb Muzikant.
Das sogenannte „Buch unnatürliche Todesfälle“ spiegelt auch die indirekte Gewalt im Lager wider und zeigt die dramatische Situation, die in Melk herrschte. Wie das Beispiel vom 2. Februar 1945 zeigt, kam es in den Stollen wiederholt zu schweren Unfällen. Der ehemalige Melker Häftling Franz Schikora berichtet:
„Ja, ich hab einmal gesehen, da war einmal bei einem Stollen ein Einsturz, da sind zwei verschüttet worden, die Kollegen wollten die retten, die SS hat das nicht erlaubt, dass wir die rausgraben konnten. Sie wurden erst ausgegraben, als sie tot waren.“
Auch Erschießungen oder angebliche Selbstmorde sind im Buch unnatürliche Todesfälle verzeichnet, wie die drei Bespiele zeigen. Das Außenlager ist hier mit dem Decknamen „Quarz“ bezeichnet. Aus dem Buch geht freilich nicht hervor, ob der Selbstmord nicht in Wahrheit von der Lager-SS erzwungen worden war. Die Überlebensdauer der Häftlinge im Lager hing von mehreren Aspekten ab. Von Vorteil war es, die deutsche Sprache zu verstehen, auch besondere berufliche Qualifikationen, die im Stollenbau gebraucht wurden, konnten die Lebensdauer verlängern. Die Herkunft und der Haftgrund waren ebenfalls entscheidend, denn innerhalb des Lagers gab es eine Hierarchie, an deren oberem Ende Häftlinge aus Nord- und Westeuropa standen, wohingegen Häftlinge jüdischer oder slawischer Herkunft sowie Roma und Sinti am unteren Ende der Hierarchie standen.
Ein besonders dramatisches Ereignis kostete am 8. Juli 1944 rund 220 KZ-Häftlinge das Leben. An diesem Tag wurden Stadt Melk und KZ-Gelände von US-Fliegern bombardiert. Diese waren vermutlich nicht darüber informiert gewesen, dass sich in Melk ein KZ befand. Der erste Stock des Objekts 10 – hier im Bild nach dem Bombardement – wurde besonders stark zerstört. Es war zu dieser Zeit eines von zwei Quartieren für jüdische Häftlinge.
Die Leichen der rund 220 – überwiegend jüdischen – KZ-Häftlinge wurden nach Mauthausen transportiert und dort im Krematorium verbrannt, die 21 ebenfalls umgekommenen Wachsoldaten des KZ-Außenlagers wurden hingegen – wie das Bild zeigt - in allen militärischen Ehren am Melker Ortsfriedhof bestattet.
Eine direkte Konsequenz des Bombenangriffs waren erste Überlegungen seitens der Lagerleitung, direkt vor Ort ein Krematorium zu errichten, um die vielen Leichen verbrennen zu können. Im nächsten Teil unserer Tour werden wir uns diesem Krematorium – heute die KZ-Gedenkstätte Melk – näher widmen.
Quellen:
Bild 1: Luftbild Melk, Dezember 1944, Luftbilddatenbank Dr. Carls GmbH; Markierungen: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl / Bilder 2 und 3: Verzeichnis „Unat. [sic] Todesfälle“ des KZ Mauthausen vom 1. 10. 1942 bis 6. 4. 1945, NARA, RG 549, Case 000-50-5, Box 343, Fold. 4, Pros. Exh. No. 22 / Zitat zu Bild 2: Franz Schikora zitiert nach „Perz, Projekt Quarz“, S. 437 / Markierungen zu Bild 3: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl / Bild 4: Zerstörtes Objekt 10, Stadtarchiv Melk / Bild 5: Begräbnis Juli 1944, Archiv der Biragokaserne / Bild 6: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl.
Text: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl
Lesung Zitate: Melanie Grubner
Das sogenannte „Buch unnatürliche Todesfälle“ spiegelt auch die indirekte Gewalt im Lager wider und zeigt die dramatische Situation, die in Melk herrschte. Wie das Beispiel vom 2. Februar 1945 zeigt, kam es in den Stollen wiederholt zu schweren Unfällen. Der ehemalige Melker Häftling Franz Schikora berichtet:
„Ja, ich hab einmal gesehen, da war einmal bei einem Stollen ein Einsturz, da sind zwei verschüttet worden, die Kollegen wollten die retten, die SS hat das nicht erlaubt, dass wir die rausgraben konnten. Sie wurden erst ausgegraben, als sie tot waren.“
Auch Erschießungen oder angebliche Selbstmorde sind im Buch unnatürliche Todesfälle verzeichnet, wie die drei Bespiele zeigen. Das Außenlager ist hier mit dem Decknamen „Quarz“ bezeichnet. Aus dem Buch geht freilich nicht hervor, ob der Selbstmord nicht in Wahrheit von der Lager-SS erzwungen worden war. Die Überlebensdauer der Häftlinge im Lager hing von mehreren Aspekten ab. Von Vorteil war es, die deutsche Sprache zu verstehen, auch besondere berufliche Qualifikationen, die im Stollenbau gebraucht wurden, konnten die Lebensdauer verlängern. Die Herkunft und der Haftgrund waren ebenfalls entscheidend, denn innerhalb des Lagers gab es eine Hierarchie, an deren oberem Ende Häftlinge aus Nord- und Westeuropa standen, wohingegen Häftlinge jüdischer oder slawischer Herkunft sowie Roma und Sinti am unteren Ende der Hierarchie standen.
Ein besonders dramatisches Ereignis kostete am 8. Juli 1944 rund 220 KZ-Häftlinge das Leben. An diesem Tag wurden Stadt Melk und KZ-Gelände von US-Fliegern bombardiert. Diese waren vermutlich nicht darüber informiert gewesen, dass sich in Melk ein KZ befand. Der erste Stock des Objekts 10 – hier im Bild nach dem Bombardement – wurde besonders stark zerstört. Es war zu dieser Zeit eines von zwei Quartieren für jüdische Häftlinge.
Die Leichen der rund 220 – überwiegend jüdischen – KZ-Häftlinge wurden nach Mauthausen transportiert und dort im Krematorium verbrannt, die 21 ebenfalls umgekommenen Wachsoldaten des KZ-Außenlagers wurden hingegen – wie das Bild zeigt - in allen militärischen Ehren am Melker Ortsfriedhof bestattet.
Eine direkte Konsequenz des Bombenangriffs waren erste Überlegungen seitens der Lagerleitung, direkt vor Ort ein Krematorium zu errichten, um die vielen Leichen verbrennen zu können. Im nächsten Teil unserer Tour werden wir uns diesem Krematorium – heute die KZ-Gedenkstätte Melk – näher widmen.
Quellen:
Bild 1: Luftbild Melk, Dezember 1944, Luftbilddatenbank Dr. Carls GmbH; Markierungen: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl / Bilder 2 und 3: Verzeichnis „Unat. [sic] Todesfälle“ des KZ Mauthausen vom 1. 10. 1942 bis 6. 4. 1945, NARA, RG 549, Case 000-50-5, Box 343, Fold. 4, Pros. Exh. No. 22 / Zitat zu Bild 2: Franz Schikora zitiert nach „Perz, Projekt Quarz“, S. 437 / Markierungen zu Bild 3: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl / Bild 4: Zerstörtes Objekt 10, Stadtarchiv Melk / Bild 5: Begräbnis Juli 1944, Archiv der Biragokaserne / Bild 6: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl.
Text: Zeithistorisches Zentrum Melk, C. Rabl
Lesung Zitate: Melanie Grubner
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