RAINER MARIA RILKE - VON DEN FONTÄNEN

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Dichtung von Rainer Maria Rilke aus: Buch der Bilder, Berlin 1910 /
Rezitation: Suzanne von Borsody (Foto) /
Anmerkung: Ich denke, wir müssen viel und aufmerksam zuhören, dann werden wir allmählich immer vorsichtiger antworten und immer besser. (R.M.Rilke)

Auf einmal weiß ich viel von den Fontänen,
den unbegreiflichen Bäumen aus Glas.
Ich könnte reden wie von eignen Tränen,
die ich, ergriffen von sehr großen Träumen,
einmal vergeudete und dann vergaß.
Vergaß ich denn, dass Himmel Hände reichen
zu vielen Dingen und in das Gedränge?
Sah ich nicht immer Großheit ohnegleichen
im Aufstieg alter Parke, vor den weichen
erwartungsvollen Abenden, - in bleichen
aus fremden Mädchen steigenden Gesängen,
die überfließen aus der Melodie
und wirklich werden und als müssten sie
sich spiegeln in den aufgetanen Teichen?

Ich muss mich nur erinnern an das Alles,
was an Fontänen und an mir geschah, -
dann fühl ich auch die Last des Niederfalles,
in welcher ich die Wasser wiedersah:
Und weiß von Zweigen, die sich abwärts wandten,
von Stimmen, die mit kleiner Flamme brannten,
von Teichen, welche nur die Uferkanten
schwachsinnig und verschoben wiederholten,
von Abendhimmeln, welche von verkohlten
westlichen Wäldern ganz entfremdet traten
sich anders wölbten, dunkelten und taten
als wär das nicht die Welt, die sie gemeint...

Vergaß ich denn, dass Stern bei Stern versteint
und sich verschließt gegen die Nachbargloben?
Dass sich die Welten nur noch wie verweint
im Raum erkennen? - Vielleicht sind wir oben,
in Himmel andrer Wesen eingewoben,
die zu uns aufschaun abends. Vielleicht loben
uns ihre Dichter. Vielleicht beten viele
zu uns empor. Vielleicht sind wir die Ziele
von fremden Flüchen, die uns nie erreichen,
Nachbaren eines Gottes, den sie meinen
in unsrer Höhe, wenn sie einsam weinen,
an den sie glauben und den sie verlieren,
und dessen Bildnis, wie ein Schein aus ihren
suchenden Lampen, flüchtig und verweht
über unsere zerstreuten Gesichter geht....

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Комментарии
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An einem tropisch warmen ABEND höre ich Susanne von Borsodi wunderbar den Rilke zitieren und ich zittere vor Freude üüber diesen Genuß-werde immer stiller und aufmerksamer den Worten-und auch wegen der guten Anmerkung-danke Lyrik-Musik-Literaturkanal herzliche Grüße an Dich Manfred für die Zauberei-Hanna Maria Merci

hannamaria
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So ist es ! .... Hören wir "wirklich" -- zu ? .... Wir klagen, dass GOTT nicht antwortet ! .... Doch, .... hören wir IHM "wirklich" -- zu ? Blind und taub sind wir geworden !! Danke, für diese wunderschöne Rezitation !

thorstensteinhoff
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Wie ein großes Gemälde erscheint das Gedicht. Man sieht alle Bilder zu diesen unvergleichlichen Worten. Und so weise die Anmerkung. Wir sollten in allem achtsamer sein, uns nicht gering schätzen, denn für die in anderen Sphären sind wir vielleicht der Gott, dem ihre Gebete und Flüche gelten. 🙏❤🙏

lakiegitte
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Ein wundervolles Gedicht! Vor allem Alliterationen, wie ".., dass Himmel Hände reichen", entfalten beim Vortragen ihre volle Wirkung.

MaxHenryLiteratur
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Das Schönere ist die Anmerkung.. das ist es, geht mir so nahe. Lieben Dank für die schöne Aufnahme.

corneliamueller
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Tiefe ewige Wahrheit 🌹
Wunderschön vorgetragen !
DANKE

hanni