RAINER MARIA RILKE - DU MEINST DIE DEMUT

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Dichtung von Rainer Maria Rilke aus: Das Buch von der Pilgerschaft 1901 /
Rezitation: Ulrich Tukur /
Anmerkung: "Unsäglich Schweres wird von mir verlangt. Aber die Mächte, die mich so verpflichten, sind auch bereit, mich langsam aufzurichten, so oft mein Herz behängt mit den Gewichten der Demut, hoch in ihren Händen hangt." (R.M.Rilke)

Du meinst die Demut. Angesichter
gesenkt in stillem Dichverstehn.
So gehen abends junge Dichter
in den entlegenen Alleen.
So stehn die Bauern um die Leiche,
wenn sich ein Kind im Tod verlor, -
und was geschieht, ist doch das Gleiche:
es geht ein Übergroßes vor.

Wer dich zum ersten Mal gewahrt,
den stört der Nachbar und die Uhr,
der geht, gebeugt zu deiner Spur,
und wie beladen und bejahrt.
Erst später naht er der Natur
und fühlt die Winde und die Fernen,
hört dich, geflüstert von der Flur,
sieht dich, gesungen von den Sternen,
und kann dich nirgends mehr verlernen,
und alles ist dein Mantel nur.

Ihm bist du neu und nah und gut
und wunderschön wie eine Reise,
die er in stillen Schiffen leise
auf einem großen Flusse tut.
Das Land ist weit, in Winden, eben,
sehr großen Himmeln preisgegeben
und alten Wäldern untertan.
Die kleinen Dörfer, die sich nahn,
vergehen wieder wie Geläute
und wie ein Gestern und ein Heute
und so wie alles, was wir sahn.
Aber an dieses Stromes Lauf
stehn immer wieder Städte auf
und kommen wie auf Flügelschlägen

der feierlichen Fahrt entgegen.

Und manchmal lenkt das Schiff zu Stellen,
die einsam, sonder Dorf und Stadt,
auf etwas warten an den Wellen, -
auf den, der keine Heimat hat...
Für solche stehn dort kleine Wagen
(ein jeder mit drei Pferden vor),
die atemlos nach Abend jagen
auf einem Weg, der sich verlor.

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Комментарии
Автор

Ein wundervolles Gedicht, fühlbar als Teil der Natur, und mehr als das: ein Hoffnungsträger.
"Und manchmal lenkt das Schiff zu Stellen,
die einsam, sonder Dorf und Stadt,
auf etwas warten an den Wellen, -
auf den, der keine Heimat hat..."

Vielen Dank für dieses poetische Odem. 🙏

bettinabeckroge
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Oh' Rainer Maria Rilke was für eine wunderbare Seele strahlt in diese Welt. Grossen Dank!!

marlisschlegel
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Welch faszinierendes Bild: Die Demut, die entsteht, wenn wir gebeugt und klein sind und die uns aufrichtet und befreit, sobald sie uns ganz durchdringt....
Und wunderschön und berührend gelesen ☆
Dankeschön ♡

luisehengel
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Ulrich Tukur ist einfach ein genialer Leser.😊

mariawimmer
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Demut ist die Achtung vor dem Mut. Mut ist das Leben der Herzenswahrheit. Danke für die wundervollen Beiträge.

aspinahase
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Rilke ist für mich der beste Dichter in deutscher Sprache. Diese Liebe enstand vor fast 60 Jahren und besteht weiterhin so frisch

giselawirnitzerrobisch
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Wundervoll, diese schier unerreichbare, sich in der Unendlichkeit verflüchtigende Poesie.

fi
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Mit Demut im Herzen und im Blick, sehen wir was uns das Leben gibt. Dankbarkeit erfüllt dann die Seele wenn wir es zulassen.

lillymarie
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Es ist so unbeschreiblich schön ! Vielen herzlichen Dank.

corneliamueller
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Das ist zauberhaft und Ulrich Tukur auch so intensiv-danke guter Kanal Anmerkung wieder so berührend Manfred Hanna Maria

hannamaria
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Bilder u Gefühle blühen in meinem Innern auf, schwebend über Schönheit u Schmerz ..

wolfgangwind
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Ja! Ich anerkenne Ulrich Tuckurs Stimme!

petrfrizen
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Konnte nicht ganz folgen..
Aber die Kunst, die Dichtkunst kam klar hervor!
Danke auch für die schönen Bilder!

yamapenny
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So toll du bist...alles wird hinterfragt...

nadinehunze
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Die Demut vor der Schöpfung, denke ich, ist gemeint ! 🙄 ?

hanni
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Unvergleichlich auch die Rezitation von Ulrich Tukur

giselawirnitzerrobisch
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schwere Kost..Aber trotzdem: Dankeschön.

marinakulmann
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Ach ja, und Helmuth Zierl war da noch Komparse😂

klausschonfeld
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Wie kommt ihr an diese Zeitdokumente etwa aus 1970 heran ? Junge Stimmen, von UWE, ULRICH ?
Fehlt noch Rolf Becker und Christoph Banzer und Monika Bleibtreu . Und Doris Schade Himmel und Erde mit Ulrich ...

klausschonfeld