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35C3 - 'Das ist mir nicht erinnerlich.' − Der NSU-Komplex heute
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Fünf Monate nach dem Urteil im ersten NSU-Prozess
Sieben Jahre lang musste den Behörden jedes Stück der versprochenen Aufklärung des NSU-Komplexes abgerungen werden. Das Urteil im ersten NSU-Prozess zeigt: Deutschland ist nur sehr eingeschränkt bereit, rechtem Terror entgegenzutreten und ihn aufzuarbeiten, den Betroffenen, Geschädigten und Überlebenden zuzuhören und ihnen Schutz zu garantieren. Das zu leisten ist unsere Aufgabe: die Aufgabe der Gesellschaft, die Aufgabe einer antifaschistischen und antirassistischen Linken.
Am 4. November 2011 enttarnte sich der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) selbst. Fast sieben Jahre später, am 10. Juli 2018, wurde das Urteil im ersten NSU-Prozess gesprochen. Heute, fünf Monate nach der von Neonazis bejubelten mündlichen Urteilsverkündung, müssen wir mit einem Urteil umgehen, in dem sich viele gebrochene Aufklärungsversprechen zuspitzen. Das Gericht geht von der These aus, der NSU sei ein weitgehend isoliertes „Trio“ ohne Netzwerk und ohne Verstrickung der Behörden gewesen. Nach allem, was in den letzten Jahren – teilweise mühsam – über den NSU-Komplex ans Licht gezerrt werden konnte, ist die „Trio“-These aber nicht haltbar. Zum NSU-Komplex gehören ein Neonazinetzwerk, der gesamtgesellschaftliche Rassismus und das Handeln der Polizei sowie des Verfassungsschutzes.
Gleichzeitig stellen sich die Angehörigen der vom NSU Ermordeten und die Überlebenden der Anschläge immer noch die gleichen Fragen wie 2011: Wer hat die Tatorte ausgewählt? Warum wurde gerade ihr Vater, Ehemann, Sohn, ihre Tochter ermordet? Wer ist Teil des Unterstützungsnetzwerks des NSU? Was wusste der Verfassungsschutz und was machte er warum mit seinem Wissen (nicht)?
Klar ist: Die gesellschaftlichen Verhältnisse, die den NSU hervorgebracht haben, müssen abgeschafft werden. Das Urteil im ersten NSU-Prozess hat noch einmal unterstrichen: Deutschland ist nur in sehr eingeschränktem Maße bereit, rechtem Terror entgegenzutreten und ihn aufzuarbeiten, den Betroffenen, Geschädigten und Überlebenden zuzuhören und ihnen Schutz zu garantieren. Das zu leisten ist unsere Aufgabe: die Aufgabe der Gesellschaft, die Aufgabe einer antifaschistischen und antirassistischen Linken.
Im Vortrag soll der Stand der Aufklärung im NSU-Komplex umrissen werden und diskutiert werden, wie wir als Gesellschaft damit umgehen und was wir tun können.
Caro Keller (NSU-Watch)