Homer: Ilias 1, 1-52, rezitiert von Mattis Heyne

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In dieser Darbietung versuche ich, den Vortrag eines archaischen Rhapsoden zu imitieren. Ich trage in einem Sprechgesang, der mit "musikalischen Akzenten" dem hexametrischen Versmaß des Textes folgt, ohne musikalische Begleitung die ersten 52 Verse der homerischen Ilias vor. Meine Darbietung richtet sich nach wissenschaftlichen Standards der historischen Phonetik und Phonologie sowie der antiken Metrik, wobei ein künstlerischer Anspruch nicht verloren gehen soll.

Die Aussprache ist ein rekonstruiertes archaisches "Ionisch" (die homerische Kunstsprache); ungeschriebene Elemente wie das "Digamma" werden nicht gelautet. Bei den geschriebenen Diphthongen wurde möglichst nach "echten" und "unechten" unterschieden. Die aspirierten Plosive wurden in Richtung von Affrikaten verstärkt, damit der Unterschied zu den unaspirierten (die möglichst echt unaspiriert sein sollen, gegen meine muttersprachliche deutsche Tendenz) möglichst groß erscheint.

Die "musikalischen Akzente" folgen dem in der in der Forschung anerkannten Prinzip, dass die Frequenz der Sprechmelodie auf der akzentuierten Silbe innerhalb des jeweiligen phonologischen Wortes am höchsten ist. Bei einer langen Silbe unterscheide ich zwischen Zirkumflex und Akut, indem auf einer Silbe mit Zirkumflex die Frequenz fällt, auf einer Silbe mit Akut die Frequenz steigt. Ich strebe allerdings zusätzlich danach, dass die Frequenz der betonten Silbe nie gleich hoch wie oder niedriger als die einer unbetonten Silbe eines benachbarten phonetischen Wortes ist—dadurch hat eine betonte Silbe immer einen "absoluten" Hochton. Mir ist klar, dass die erhaltenen musikalischen Dokumente dieser Tendenz nicht entsprechen; ich halte den klanglichen Effekt dieser Praxis im rezitierten Vortrag jedoch nicht für so unrealistisch, dass er nicht einen Versuch wie den hiesigen wert ist. Eine mit Gravis versehene Silbe hat auf meine Sprachmelodie keinen Effekt, obwohl man alternativ auch eine leichte Steigerung der Sprachmelodie vertreten könnte.

Wie es sich für den Hexameter gehört, wird am Versende (Synaphiebruch) ein Einschnitt gesprochen; bei Enjambements wird dieser Einschnitt jedoch bisweilen auf ein Geringstes reduziert, um Spannung zu halten. Atem hole ich nicht nur an Versenden, sondern auch gelegentlich an Sinneinschnitten in Zäsuren, wobei das Gefühl des Versmaßes nicht verloren gehen sollte.

Mattis Heyne
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