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Schostakowitsch - Violinkonzert Nr. 1 | Karen Gomyo | Cristian Măcelaru | WDR Sinfonieorchester
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Dmitrij Schostakowitschs Konzert für Violine und Orchester a-Moll op. 77, interpretiert von Solistin Karen Gomyo und dem WDR Sinfonieorchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Cristian Măcelaru. Live aufgezeichnet am 11. Juni 2022 in der Kölner Philharmonie.
Dmitrij Schostakowitsch - Violinkonzert Nr. 1 a-Moll op. 77 für Violine und Orchester
00:00:00 I. Nocturne. Moderato
00:12:26 II. Scherzo. Allegro
00:19:05 III. Passacaglia. Andante
00:28:17 Cadenza
00:33:32 IV. Burlesque. Allegro con brio
WDR Sinfonieorchester
Karen Gomyo, Violine
Cristian Măcelaru, Leitung
○ Werkeinführung
Hypernervös und verängstigt wartete Schostakowitsch täglich, ja: stündlich darauf, von der sowjetischen Staatsmacht eliminiert zu werden. Mitte 1947 begann er mit der Arbeit an seinem ersten Violinkonzert. Das lenkte vom permanenten Druck ab. Schon einmal hatte Schostakowitsch erleben müssen, öffentlich gebrandmarkt zu werden. Bejubelt als Komponist der Oper "Lady Macbeth von Mzensk", brach Anfang 1936 die öffentliche Demütigung über ihn herein: Der berüchtigte Artikel "Chaos statt Musik" machte ihn mit einem Federstrich zum staatsfeindlichen Komponisten. Schostakowitsch versuchte sich wegzuducken. Hin und wieder huldigte er dem Regime mit prosowjetischen Werken, etwa 1947 mit dem "Poem von der Heimat". Prompt wurde der brave Komponist dafür öffentlich mit einem Leninorden belobigt. Zwar wusste Schostakowitsch, dass damit nur ein Burgfrieden geschlossen war, aber dessen ungeachtet begann er umgehend mit der Arbeit am Violinkonzert. Unter der Hand geriet ihm die Musik als Spiegel seiner Lebenssituation: Wie düstere Wolken wälzen sich bedrohliche Klänge durch den ersten Satz – ein Nocturne, in dem die Nacht nicht Verheißung, sondern Gefahr bedeutet. Fratzenhaft wuselt die Freude im Scherzo, und in der Passacaglia malmt das Schicksal sich unaufhaltsam voran. Die Kadenz wirkt einsam, verloren, haltsuchend. Sie wird fortgerissen von der finalen Burlesque, einem infernalischen Tanz, so überdreht wie unentrinnbar.
Schostakowitsch wirft mit diesem Konzert all seine drängenden Lebensfragen in die Waagschale. Doch noch bevor das Werk fertig ist, schlägt der Sowjetstaat wieder zu. Das Zentralkomitee der Staatspartei KPdSU veröffentlicht einen niederschmetternden Artikel, in dem Schostakowitsch und andere Komponisten einer "formalistischen, volksfremden Richtung" bezichtigt wurden – eine inhaltsleere Floskel, die ihre Wirkung nicht verfehlt: Schostakowitsch ließ das Violinkonzert vorerst in der Schublade verschwinden und huldigte der Heimat mit einem weiteren Oratorium, dem "Lied von den Wäldern". Erst nach dem Tod des Diktators Stalin konnte der Komponist das Violinkonzert wieder hervorkramen. Die Uraufführung 1955 mit dem Geiger David Oistrach im damaligen Leningrad rief einhelligen Jubel hervor: Dieses Mal hatte die Wahrheit gesiegt.
Text: Otto Hagedorn
Dmitrij Schostakowitsch - Violinkonzert Nr. 1 a-Moll op. 77 für Violine und Orchester
00:00:00 I. Nocturne. Moderato
00:12:26 II. Scherzo. Allegro
00:19:05 III. Passacaglia. Andante
00:28:17 Cadenza
00:33:32 IV. Burlesque. Allegro con brio
WDR Sinfonieorchester
Karen Gomyo, Violine
Cristian Măcelaru, Leitung
○ Werkeinführung
Hypernervös und verängstigt wartete Schostakowitsch täglich, ja: stündlich darauf, von der sowjetischen Staatsmacht eliminiert zu werden. Mitte 1947 begann er mit der Arbeit an seinem ersten Violinkonzert. Das lenkte vom permanenten Druck ab. Schon einmal hatte Schostakowitsch erleben müssen, öffentlich gebrandmarkt zu werden. Bejubelt als Komponist der Oper "Lady Macbeth von Mzensk", brach Anfang 1936 die öffentliche Demütigung über ihn herein: Der berüchtigte Artikel "Chaos statt Musik" machte ihn mit einem Federstrich zum staatsfeindlichen Komponisten. Schostakowitsch versuchte sich wegzuducken. Hin und wieder huldigte er dem Regime mit prosowjetischen Werken, etwa 1947 mit dem "Poem von der Heimat". Prompt wurde der brave Komponist dafür öffentlich mit einem Leninorden belobigt. Zwar wusste Schostakowitsch, dass damit nur ein Burgfrieden geschlossen war, aber dessen ungeachtet begann er umgehend mit der Arbeit am Violinkonzert. Unter der Hand geriet ihm die Musik als Spiegel seiner Lebenssituation: Wie düstere Wolken wälzen sich bedrohliche Klänge durch den ersten Satz – ein Nocturne, in dem die Nacht nicht Verheißung, sondern Gefahr bedeutet. Fratzenhaft wuselt die Freude im Scherzo, und in der Passacaglia malmt das Schicksal sich unaufhaltsam voran. Die Kadenz wirkt einsam, verloren, haltsuchend. Sie wird fortgerissen von der finalen Burlesque, einem infernalischen Tanz, so überdreht wie unentrinnbar.
Schostakowitsch wirft mit diesem Konzert all seine drängenden Lebensfragen in die Waagschale. Doch noch bevor das Werk fertig ist, schlägt der Sowjetstaat wieder zu. Das Zentralkomitee der Staatspartei KPdSU veröffentlicht einen niederschmetternden Artikel, in dem Schostakowitsch und andere Komponisten einer "formalistischen, volksfremden Richtung" bezichtigt wurden – eine inhaltsleere Floskel, die ihre Wirkung nicht verfehlt: Schostakowitsch ließ das Violinkonzert vorerst in der Schublade verschwinden und huldigte der Heimat mit einem weiteren Oratorium, dem "Lied von den Wäldern". Erst nach dem Tod des Diktators Stalin konnte der Komponist das Violinkonzert wieder hervorkramen. Die Uraufführung 1955 mit dem Geiger David Oistrach im damaligen Leningrad rief einhelligen Jubel hervor: Dieses Mal hatte die Wahrheit gesiegt.
Text: Otto Hagedorn
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