Tolans Sprechstunde: Gute Forscher, gute Lehrer

preview_player
Показать описание
Was macht einen guten Hochschullehrer aus? Lehrerfahrung? Nicht unbedingt, meint Metin Tolan, Prorektor an der TU Dortmund, und erzählt über Konflikte in Berufungskommissionen und das Killerargument Datenschutz.

Mehr Videos mit Metin Tolan:
Ist wissenschaftliche Qualität messbar?

007 - Lizenz zum Lehren

Jede Woche neu beim Stifterverband:
Die Zukunftsmacher und ihre Visionen für
Bildung und Ausbildung, Forschung und Technik.

Interview: Michael Sonnabend
für den Bildungskanal des Stifterverbandes
Рекомендации по теме
Комментарии
Автор

Herr Tolan hat sicher recht mit der Aussage, dass lange Lehrerfahrung nicht zwingend ein Indikator für gute Lehre sein muss.

Dennoch kann die Konsequenz nicht die sein, dass man bei Berufungen lediglich auf die Forschung und nicht auf die Lehre achtet. Man braucht lediglich geeignetere Indikatoren als die bloße Anzahl der bereits gehaltenen Lehrveranstaltungen. Auch Evaluationen können nur bedingt als Indikator heran gezogen werden - zumal diese von den Bewerber*innen ausgewählt werden.

Gute Lehre auf 90% Persönlichkeit und 10% "langsamer oder schneller Sprechen" oder "schöne Bilder projezieren" zu reduzieren ist aus meiner Sicht leider noch eine sehr verbreitete Ansicht unter vielen Professor*innen in Deutschland. Dies macht deutlich, wie wenig man sich mit dem aktuellen Stand der Forschung in dem Bereich bisher beschäftigt hat. Vor allem international (USA, Australien, Finnland seien hier exemplarisch angeführt) findet man inzwischen eine belastbare Anzahl an hochwertigen Studien zum Einfluss von z.B. Lehreinstellungen auf das Lernverhalten von Studierenden. Auch in Deutschland hat sich in den letzten Jahren (wieder) eine aktive Forschungsszene etabliert.

Gute Lehre besteht nicht alleine aus einem rhetorisch gelungenen Vortrag mit passender visueller Unterstützung. Gute Lehre beginnt bereits mit der Planung von angemessenen Learning Outcomes, mit der Entwicklung darauf abgestimmter Prüfungsformen, geht über die Planung passender Lehrveranstaltung und Lehr-Lernsettings und endet erst dann im Hörsaal oder Seminarraum mit der konkreten methodischen Ausgestaltung, bei der der Lehrvortrag nur eine von vielen möglichen Methoden ist und nicht zwangsweise immer die beste Alternative darstellt.
Darüber ist der Umgang mit den Studierenden hoch relevant für gute Lernprozesse.

Das alles ist bei weitem nicht trivial und wird nicht mal eben nebenher erworben. Besonders die These, warum man derartige Kompetenzen durch Forschungsaktivitäten nachweisen können sollte, dürfte kaum zu belgen sein.

Selbstverständlich hat Herr Tolan (und mit ihm viele andere, die eine ähnliche These vertreten) recht damit, dass eine große Kompetenz im Bereich der Forschung eine notwendige Grundvoraussetzung dafür ist, dass man auch Wissenschaft lehren kann. Sicher mag es auch Variablen geben, die sich auf beide Kompetenzen positiv auswirken (wer sich gut ausdrücken kann, dem nutzt das bei Publikationen, auf Forschungstagungen aber auch in der Lehre). Jedoch ist der Nachweis von hoher Forschungskompetenz in keinster Weise ein hinreichender Indikator für hohe Lehrkompetenz.

Oder um eine Metapher zu wählen: Ein Fußballtrainer sollte natürlich Fußball spielen können. Jedoch zeigt sich: die besten Fußballer sind nicht automatisch die besten Trainer und die besten Trainer waren nicht immer die besten Fußballer.

Neben Lehre und Forschung haben Professor*innen zudem auch Management- und Führungsaufgaben, und auch hier ist es diskutabel, inwiefern erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit hier ein ausreichender Indikator ist - doch das wäre noch ein ganz anderes Fass.

Es ist mehr als wünschenswert, dass Hochschulen und insbesondere Universitäten sich intensiver mit der Frage nach guter Lehre und Lehrkompetenz beschäftigen, besonders mit der Frage, wie man diese bei Berufungen valide erfassen kann, anstatt mit unbelegbaren Alltagsthesen das tradierte Konzept, nur auf Forschungsoutput zu achten, zu untermauern.

Denn gute, hochwertige und exzellente Lehre zu geben ist ebenso notwendige Daseinsberechtigung von Universitäten und darf nicht zu einem zufälligen Nebenprodukt von guter, hochwertiger und exzellenter Forschung verkommen.

danielal-kabbani