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Prof. Dr. Sascha Liebermann - Bedingungsloses Grundeinkommen
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Dr. Sascha Liebermann, Prof. für Soziologie an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter (bei Bonn). Er schloß sein Studium der Philosophie, Soziologie und Psychoanalyse an der JWG-Universität in Frankfurt am Main mit dem Magister Artium in Philosophie ab und wurde ebenfalls in Frankfurt Soziologie promoviert. Seine wissenschaftliche Tätigkeit führte über die Technische Universität Dortmund, die Ruhr-Universität Bochum, die ETH Zürich 2013 an die Alanus Hochschule. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist das Bedingungslose Grundeinkommen.
"Seit etwa zwölf Jahren wird über den Vorschlag eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) in Deutschland öffentlich, über alle politischen Lager hinweg, diskutiert. Erneuten Schwung erhielt die Debatte zum einen durch die Volksabstimmung in der Schweiz im Juni 2016, zum anderen durch die Frage, welche Folgen wohl die Digitalisierung für die Arbeitswelt haben werde. Was macht den Vorschlag so weitreichend, weshalb stößt er auf solch vehemente Kritik?
Das BGE richtet sich, wenn man es systematisch betrachtet, gegen die Erwerbszentrierung der sozialen Sicherungssysteme und ihre Folgen. Ein legitimes Einkommen kann heute nur erzielt werden, indem man erwerbstätig ist. Alle Einkommensersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Rente usw. leiten sich davon ab. Entweder müssen Ansprüche auf Leistungen durch Erwerbstätigkeit erworben werden oder die Leistungsbezieher müssen danach streben, wieder in den Arbeitsmarkt zu gelangen – dazu dienen den zuständigen Behörden auch Sanktionsinstrumente. Diese Engführung des Leistungsverständnisses lässt andere Leistungsformen unter den Tisch fallen (sogenannte Care-Arbeit, bürgerschaftliches Engagement), die für ein Gemeinwesen ebenso unerlässlich sind. Sie untergräbt aber auch unternehmerische Initiative, weil der Sozialstaat ein ausgesprochenes Misstrauen in die Bereitschaft sich einzubringen ausspricht. Ein BGE würde unternehmerische Initiative hingegen stärken und einen längeren Atem für die Entwicklung sowie Durchsetzung von Ideen und Produkten ermöglichen.
Noch weitreichender sind die Folgen für das Selbstverständnis als Gemeinwesen. Wovon lebt die Demokratie, von Vertrauen oder bevormundender Anleitung? Wissen die Bürger nicht selbst am besten, welches Leben sie leben sollen oder muss ihnen das nahegelegt werden? Wäre demnach ein BGE nicht ganz einfach eine konsequente Fortentwicklung des Sozialstaats aus dem Geist der Demokratie?"
"Seit etwa zwölf Jahren wird über den Vorschlag eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) in Deutschland öffentlich, über alle politischen Lager hinweg, diskutiert. Erneuten Schwung erhielt die Debatte zum einen durch die Volksabstimmung in der Schweiz im Juni 2016, zum anderen durch die Frage, welche Folgen wohl die Digitalisierung für die Arbeitswelt haben werde. Was macht den Vorschlag so weitreichend, weshalb stößt er auf solch vehemente Kritik?
Das BGE richtet sich, wenn man es systematisch betrachtet, gegen die Erwerbszentrierung der sozialen Sicherungssysteme und ihre Folgen. Ein legitimes Einkommen kann heute nur erzielt werden, indem man erwerbstätig ist. Alle Einkommensersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Rente usw. leiten sich davon ab. Entweder müssen Ansprüche auf Leistungen durch Erwerbstätigkeit erworben werden oder die Leistungsbezieher müssen danach streben, wieder in den Arbeitsmarkt zu gelangen – dazu dienen den zuständigen Behörden auch Sanktionsinstrumente. Diese Engführung des Leistungsverständnisses lässt andere Leistungsformen unter den Tisch fallen (sogenannte Care-Arbeit, bürgerschaftliches Engagement), die für ein Gemeinwesen ebenso unerlässlich sind. Sie untergräbt aber auch unternehmerische Initiative, weil der Sozialstaat ein ausgesprochenes Misstrauen in die Bereitschaft sich einzubringen ausspricht. Ein BGE würde unternehmerische Initiative hingegen stärken und einen längeren Atem für die Entwicklung sowie Durchsetzung von Ideen und Produkten ermöglichen.
Noch weitreichender sind die Folgen für das Selbstverständnis als Gemeinwesen. Wovon lebt die Demokratie, von Vertrauen oder bevormundender Anleitung? Wissen die Bürger nicht selbst am besten, welches Leben sie leben sollen oder muss ihnen das nahegelegt werden? Wäre demnach ein BGE nicht ganz einfach eine konsequente Fortentwicklung des Sozialstaats aus dem Geist der Demokratie?"
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