#Hörbuch #Märchen vom Stadtschreiber Teil 5 | Lie liest | #Entspannen mit Gutenachtgeschichten

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"Eine Weile noch stand Guntram Spatt nachdenkend und dankbar am Grabe des toten Vaters. Ihm war es, als habe der Selige ihm in höchster Not den Helfer gesandt, den Hof von den dunklen Mächten zu befreien und das Glück der späteren Geschlechter zu begründen. Mit leisen Worten sprach er seinen Dank und sah noch einmal auf Wasserstrudel, dräuende Felsklüfte, das steinerne Kreuz und die verwelkten Blumen. Dann rieb er das Zauberhaar an der Rechten und schon stieg er, eifrig flatternd, aus dem Dunkel zum Licht. Der weißbestäubte Müller Packan sah gerade aus dem Mühlenfenster und schalt auf den Novemberwind, der gar zu rasend die Flügel umtrieb, daß der ganze hölzerne Bau schlitterte und ächzte, die Mahlgänge sausten, die schweren Steine schrien, und das Seil um den Balken knirschte. »Kannst Du es denn nicht ein wenig gelassener machen, Wind«, schalt er. »Einmal bist Du nicht da, und dann wieder treibst Du es so arg, daß das Korn schneller als eine Schwalbe durch die Mahlgänge fliegt, und mich die Leute tadeln, mein Mehl sei leichter als Wind und mein Brot schmecke wie gebackene liebe Luft. Doch wer soll Vernunft von einem Wind erwarten?!«

Ein starker Sturmstoß wehte wirbelnd wie ein welkes Blatt einen Spatzen herbei. Doch geschickt wußte sich das Kerlchen vom Winde zu lösen, landete schräg über des Müllers Haupt auf einem Balken, plusterte ordnend sein Gefieder auf, strich es glättend mit dem Schnabel und besah frech von der Seite Herrn Müller Packan.

»Du hast mir gerade noch gefehlt«, murrte der. »Suchst wohl ein lockeres Brett, ein Astloch, eine unverschlossene Luke im Mühlenbau, daß Du Dir Deinen Hungerbauch mit meinem schönen Korn zu einem Mönchswanst mästest! Doch daraus wird nichts, Meister Dieb! – Heh, Johann, Andreas, Jakob – wo steckt ihr Tagediebe? Bringt mir die Schleuder, ein Spatz ist da. Ja, sieh mich nur an, Frechling, gleich werde ich Dir mit einem Kiesel die Knochen brechen!«

Doch Guntram wartete die Schleuder nicht ab, das Mahlgut in der Mühle lockte ihn nicht. Doch hatte er im niedrigen Wohnhaus nahebei ein vergittertes Fenster erspäht, von dem ein Spalt offen stand. Ratend, dies sei wohl der Vorratsraum des Müllers, und an seiner rundlichen Gestalt abschätzend, er möge wohl kein Freund der mageren Kost sein, schwirrte er ab. Durch die Mahnungen des listigen Schuhu aber gewitzigt, flog er nicht vor des Müllers Augen in das Fenster, sondern wartete erst in einem Versteck ab, bis dieser unmutig scheltend den Kopf aus der Luke zurückzog: »Immer kommt ihr zu spät, ihr Faulen! Was soll mir jetzt noch die Schleuder, da der Spatz fort ist –?! Auf euch müßte ich die Steine schießen, daß ihr eure Glieder etwas hurtiger regen lernt!««"

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Комментарии
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Ich bin auch schon riesig gespannt wie es weitergeht. Danke schön, für deine Arbeit, liebe Lie und weiter gute Besserung 🍀 🍀.

birgit
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Ich freue mich schon sehr darauf und bin ganz gespannt wie es weitergeht 😻

sandrawortmann
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Liebe Lie, Dein PayPal Link funktioniert bei mir nicht. Schade, ich würde gerne eine Spende senden. Wie kann ich das tun?
Vielen Dank für die vielen schönen Geschichten und liebe Grüße.

plejama