Totentanz - Der Michel - Johann Wolfgang von Goethe

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Totentanz von Goethe.

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Speaker: Der Michel

Der Türmer, der schaut zu Mitten der Nacht
Hinab auf die Gräber in Lage;
Der Mond, der hat alles ins Helle gebracht;
Der Kirchhof, er liegt wie am Tage.
Da regt sich ein Grab und ein anderes dann:
Sie kommen hervor, ein Weib da, ein Mann,
In weißen und schleppenden Hemden.

Das reckt nun, es will sich ergetzen sogleich,
Die Knöchel zur Runde, zum Kranze,
So arm und so jung, und so alt und so reich;
Doch hindern die Schleppen am Tanze.
Und weil hier die Scham nun nicht weiter gebeut,
Sie schütteln sich alle, da liegen zerstreut
Die Hemdlein über den Hügeln.

Nun hebt sich der Schenkel, nun wackelt das Bein,
Gebärden da gibt es vertrackte;
Dann klippert's und klappert's mitunter hinein,
Als schlüg' man die Hölzlein zum Takte.
Das kommt nun dem Türmer so lächerlich vor;
Da raunt ihm der Schalk, der Versucher, ins Ohr:
Geh! hole dir einen der Laken.

Getan wie gedacht! und er flüchtet sich schnell
Nun hinter geheiligte Türen.
Der Mond, und noch immer er scheinet so hell
Zum Tanz, den sie schauderlich führen.
Doch endlich verlieret sich dieser und der,
Schleicht eins nach dem andern gekleidet einher,
Und, husch, ist es unter dem Rasen.

Nur einer, der trippelt und stolpert zuletzt
Und tappet und grapst an den Grüften;
Doch hat kein Geselle so schwer ihn verletzt,
Er wittert das Tuch in den Lüften.
Er rüttelt die Turmtür, sie schlägt ihn zurück,
Geziert und gesegnet, dem Türmer zum Glück,
Sie blinkt von metallenen Kreuzen.

Das Hemd muß er haben, da rastet er nicht,
Da gilt auch kein langes Besinnen,
Den gotischen Zierat ergreift nun der Wicht
Und klettert von Zinne zu Zinnen.
Nun ist's um den armen, den Türmer getan!
Es ruckt sich von Schnörkel zu Schnörkel hinan,
Langbeinigen Spinnen vergleichbar.

Der Türmer erbleichet, der Türmer erbebt,
Gern gäb er ihn wieder, den Laken.
Da häkelt – jetzt hat er am längsten gelebt –
Den Zipfel ein eiserner Zacken.
Schon trübet der Mond sich verschwindenden Scheins,
Die Glocke, sie donnert ein mächtiges Eins,
Und unten zerschellt das Gerippe.
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Комментарии
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DerMichel
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Vielen Dank für ein weiteres Meisterwerk vom Herrn Goethe. Wirklich grandios vorgetragen!👏👏

sculdaggerypleasant
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Sehr schöne erzählung✨ danke und glückwünsche 💎❤❤

rikaweimann
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Mal wieder eine geniale Arbeit ihrer seits! Da kann man nur loben!

LinkblueX
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Bei den Gedichten würde ich mich auch über inhaltliche Diskussionen (Interpretationen) freuen. ;)

DerMichel
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Dieses tolle Gedicht haben Sie bestens vorgetragen, herzlichen Dank! Ich hatte es auch schon öfter gelesen; ein kleines Fragezeichen ist mir geblieben. Ich grüße Sie freundlich, lieber "Michel".

karlina
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Sehr schön ich bewundere deine wirklich schöne Stimme. Ja selbst Gedichte vortragen hört man sich wie man Musik hört gerne immer wieder an

cruel
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Sehr schön vorgetragen. Und du hast auch ein sehr gutes Gedicht ausgewählt, das passt richtig zu dir. Oder zumindest zu deiner Stimme.

IMMC
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Deine Stimme.. immer immer so großartige. Deutsche Sprache ist eine schöne Sprache.

jwelke
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Schön ausgewählt und danke nochmal, dass du auch diesen Teil der Kultur erhältst 👍🏻toll gesprochen schöne Stimme

alexanderrau
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Sehr schöner Vortrag, unser Nachfolger von Göthe. 😉

Patriotin.
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Vielen Dank. Das passt wunderbar zur Jahreszeit. Sehr einprägsam.

Turkoktonos
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Goethes Verhältnis zum Tode und zum Ableben allgemein ist wirklich faszinierend. Zeit Lebens hat er es tunlichst vermieden Beerdigungen zu besuchen, selbst die seines langen Weggefährten und engen Freundes Friedrich von Schiller besuchte er nicht. Beerdigungen erinnerten ihn immer an seine eigene Vergänglichkeit und Sterblichkeit.
Dieses Gedicht ist, unter diesem Gesichtspunkt betrachtet umso faszinierender.

Und natürlich wie immer hervorragend vorgetragen! Danke für deine Mühen!

johannvonderaltenlauf
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Könnten sie solch schöne Gedichte, ob von Goethe oder anderen, auch mal als Ballade vorsingen?

hihallo